Trifft Röntgenstrahlung auf Materie, so ist die Photoabsorption eine der
wahrscheinlichsten Wechselwirkungen. Hierbei werden Elektronen aus den
inneren Atomschalen herausgelöst, und diese mit
Elektronen aus höheren Niveaus neu besetzt. Die freiwerdende Energie wird
mit einiger Wahrscheinlichkeit über Fluoreszenzstrahlung abgegeben. Die
Energien der Fluoreszenzlinien im Spektrum entsprechen den Energiedifferenzen
der Elektronenniveaus, die am Übergang beteiligt sind. Es ist somit
möglich ein Element über seine Röntgenfluoreszenzstrahlung zu
identifizieren.
Anhand der Intensität der jeweiligen Fluoreszenzstrahlung lassen sich
Aussagen über den Massenanteil des Elements in der Probe machen.
Die Auswertung der Röntgenfluoreszenzmessungen erfolgt in Bonn über die
sogenannte Fundamentalparametermethode. Über die
Linienintensitäten im aufgenommen Fluoreszenzspektrum wird dabei auf die
Konzentrationen der einzelnen Elemente in der untersuchten Probe
zurückgerechnet.
Bei der Abschätzung des Röntgenproduktionsquerschnitts
einer bestimmten
Röntgenlinie ij des Elements j ist der Ionisationsquerschnitt des
Elektronenniveaus für die
anregende Energie, die Fluoreszenzwahrscheinlichkeit und das
Verzweigungsverhältnis auf die unterschiedlichen Fluoreszenzlinien zu
berücksichtigen [Sco73][Kra78].
Nicht zu vernachlässigen sind die Matrixeffekte in der Probe. Sowohl die
einfallende Strahlung auf ihrem Weg zur Anregung, als auch die dort entstandene
Fluoreszenzstrahlung wird durch Absorption innerhalb der Probe
abgeschwächt. Insgesamt ergibt sich für die Intensität der primären
Fluoreszenzstrahlung des Elements j bei einer
monochromatischen Anregung mit der Energie E folgende Abschätzung
[Spa76]:
Hierbei ist die Konzentration des Elements j in der Probe,
die Detektornachweiswahrscheinlichkeit für Strahlung der
Energie und der totale Absorptionquerschnitt der
Probenmatrix für die jeweilige Energie. Die Winkel und
beschreiben die Stellung der Targetoberfläche bezüglich des einfallenden
Strahls bzw. der Austrittsrichtung zum Detektor. Bei und handelt
es sich schließlich um die Dichte der Probe und um deren Dicke. Im Fall von
entsprechend dicken Targets muß die Probendicke durch die Eindringtiefe der
einfallenden Strahlung in die Probenmatrix ersetzt werden [Mom96b]. Die Abschätzung geht von einer homogenen Elementverteilung in der Probe aus und von einer glatten Oberfläche.
Neben der Absorption kommt es zu Sekundäranregungen oder zu
Anregungen höherer Ordnung in der Probenmatrix. Hierdurch verschieben sich
die Intensitäten gegenüber der primären Fluoreszenzstrahlung. Um die
Röntgenfluoreszenz bei polychromatischer Anregung
zu bestimmen, muß die Gleichung darüberhinaus über E
integriert werden.
Entscheidend ist dabei
die genaue Kenntnis des anregenden Spektrums, was bei Synchrotronstrahlung
im allgemeinen bereits durch die Maschinenparameter gegeben ist. Bei der
Synchrotronstrahlung an ELSA im besonderen ist ein zusätzlicher Strahlmonitor
notwendig [Hei94], um eventuelle Abweichungen vom theoretisch
berechneten Spektrum feststellen zu können.
Unter Berücksichtigung der Matrixeffekte wurde in Bonn das Programm SXNAX
entwickelt [Pan92][SXN]. Mit diesem kann bei einem gegebenen
Röntgenfluoreszenzspektrum
die Probenzusammensetzung berechnet werden. Hierbei wird eine zunächst
angenommene Elementzusammensetzung über Iteration an die tatsächlich
aufgenommenen Röntgenfluoreszenzintensitäten angepaßt. Zusätzlich zur
ursprünglichen Sparksformel werden Effekte höherer Ordnung
berücksichtigt. Zudem kann durch Integration über die anregende Energie
polychromatische Anregung berechnet werden.