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Fehlerquellen

  Im folgenden Abschnitt werden einige Effekte genannt, die bei realen Strahlverhältnissen und Reflektoroberflächen die Reflexion beeinträchtigen. Zunächst werden hierbei Unregelmäßigkeiten der Oberfläche betrachtet. Dabei kann grundsätzlich zwischen drei Effekten unterschieden werden [San92][ZEI92]: Oberflächenrauhigkeit, Welligkeit (engl.: waviness) und Formfehler. Der Unterschied liegt im wesentlichen in der Größenordnung der Abweichung und der Ortsfrequenz, mit der sich die Unregelmäßigkeit über die Oberfläche verteilt. Die Rauhigkeit unterscheidet sich zudem durch ihre zufällige Verteilung von den anderen beiden Effekten. Sie führt daher zu einer zusätzlichen Streuung des zu reflektierenden Strahls. Sie liegt im Regelfall, natürlich abhängig von der Oberflächenbehandlung, in der Größenordnung einiger Ångstrom. Unter Welligkeit ist dahingegen eine periodische Unregelmäßigkeit der Oberfläche zu verstehen, deren Ursprung meist im Polieren des Reflektors liegt. Die Periode kann in der Größenordnung Mikrometer bis Millimeter liegen. Hieraus ergibt sich eine Defokussierung des reflektierten Strahls. Die größenordnungsmäßig extremsten Abweichungen ergeben sich durch Formfehler. Hierbei weicht die Reflektoroberfläche im ganzen von ihrer Sollform ab. Dies kann zum einen durch fehlerhafte Herstellung bedingt sein. Zum anderen kann sich der Reflektor später durch thermische Ausdehnung oder mechanische Belastung verformen. Auch hierdurch ergibt sich eine Defokussierung des Strahls. Der reflektierte Strahl weicht teilweise von der erwarteten Reflexionsrichtung ab. In dieser Arbeit werden aber in erster Linie die Änderungen der Reflektivität durch die Oberflächenunregelmäßigkeiten abgeschätzt.
Anschließend werden die Auswirkungen der Strahldivergenz auf die Reflexion betrachtet. Dabei ist zu bedenken, daß jede Reflexion eines divergenten Strahls diesen zusätzlich aufweitet. Trifft ein divergenter Strahl auf den Reflektor, so muß man zudem einen ganzen Bereich von Einfallswinkeln betrachten, die jeweils andere Reflektivitäten ergeben. Hiernach wird noch einmal die Strahlaufweitung durch Streuung betrachtet.

Oberflächenrauhigkeit des Reflektors

Bei der korrekten Berechnung der Reflexion an einer Oberfläche ist deren Rauhigkeit zu berücksichtigen. Eine rauhe Oberfläche führt zu einer zusätzlichen Streuung der einfallenden Strahlung. Der Strahl wird hierdurch aufgeweitet [SHA94].
Das Rauhheitsprofil einer Oberfläche kann durch verschiedene Größen charakterisiert werden (DIN 4762, DIN 4768, [HER95]). Die maximale Rauhtiefe tex2html_wrap_inline3781 ist der Abstand zwischen dem höchsten und dem tiefsten Punkt des Rauhheitsprofil. Die Glättungstiefe tex2html_wrap_inline3783 ist der Abstand zwischen dem höchsten Punkt und der Mittellinie des Rauhheitsprofils. Der Mittenrauhwert tex2html_wrap_inline3785 ist der arithmetische Mittelwert aller Abstände R des Rauheitsprofils von dessen Mittellinie. Bei theoretischen Betrachtungen der Oberflächenrauhigkeit wird üblicherweise der quadratische Mittelwert tex2html_wrap_inline3787 betrachtet. Dieser wird auch als 'rms roughness' bezeichnet (rms: root mean square) [ZEI92][Nev80].
Ist die Oberflächenrauhigkeit nicht zu groß im Vergleich zu den betrachteten Wellenlängen, so kann die Oberfläche als mehrschichtiger Reflektor betrachtet werden. Man teilt sie in übereinanderliegende Schichten ein, denen mit zunehmender Tiefe höhere Dichten zugeordnet werden. Der Brechungsindex einer einzelnen Schicht n ergibt sich mit tex2html_wrap_inline3791 aus dem Brechungsindex des Reflektormaterials und dem Verhältnis der zugeordneten Dichte zur Dichte des Reflektormaterials. Beim einfachsten Modell entspricht das Rauhheitsprofil der Oberfläche einer linearen Dichtezunahme bis zur Tiefe tex2html_wrap_inline3781 [Schw92]:

Allerdings ist eher eine statistische Normalverteilung des Tiefenprofils um die mittlere Tiefe zu erwarten. Somit ergibt sich in einem weitergehenden Modell folgende Dichteverteilung [Nev80][SHA94]:

Die Gesamtreflexion eines solchen Schichtsystems läßt sich mit der in Kapitel gif beschriebenen Rekursionsformel berechnen.
Nevot und Croce haben gezeigt, daß sich mit einer angenommenen Normalverteilung des Dichteprofils folgender Faktor für das Verhältnis der Reflektivitäten eines rauhen Reflektors und eines idealen Reflektors ergeben [Nev80]:

 

In Abbildung gif ist die Reflektivität eines Siliziumreflektors bei einem Einfallswinkel von 2 mrad gegen die einfallende Energie aufgetragen. Hierbei wurden mit Hilfe des Nevot Croce Faktors die Reflektivitäten bei verschiedenen Oberflächenrauhigkeiten berechnet. Bei zunehmender Rauhigkeit wird die Gesamtreflektivität abgeschwächt. Die stärkste Abschwächung ist hierbei für die Energien zu beobachten, deren kritischer Winkel unterhalb des Einfallswinkels liegt.

   figure983
Abbildung: Reflektivität einer rauhen Siliziumoberfläche - Im oberen Bild wurde ein Einfallwinkel von 2 mrad betrachtet und die Reflektivität für unterschiedliche Rauhigkeiten gegen die Energie der einfallende Strahlung aufgetragen. Im unteren Bild wurden die Reflektivitätskurven für eine Energie von 10 keV gegen den Einfallswinkel aufgetragen

Trägt man die Reflektivität für eine bestimmte Energie gegen den Einfallswinkel auf, so sieht man, daß gerade im Bereich des kritischen Winkels die Intensität der reflektierten Strahlung abgeschwächt wird.

Welligkeit des Reflektors - 'waviness'

Die Welligkeit eines Reflektors führt zu lokalen Änderungen bei der Neigung der Oberfläche. Betrachtet man ein Profil z(y) entlang der Oberfläche in Strahlrichtung, so läßt sich ein Neigungsfehler (engl. slope error) definieren. Dies ist im allgemeinen der quadratische Mittelwert der Abweichungen von der mittleren Neigung tex2html_wrap_inline3807 [San92]:

Da die Perioden der Welligkeit viel größer sind als die Wellenlängen der reflektierten Strahlung, ist der Reflektor lokal als plan zu betrachten. Die Welligkeit äußert sich durch Reflexionswinkel, die von der Hauptreflexionsrichtung abweichen. Wenn tex2html_wrap_inline3297 der erwartete Reflexionswinkel für eine ideale Reflektoroberfläche ist, ergibt sich bei einer lokal abweichenden Neigung tex2html_wrap_inline3811 der tatsächliche Reflexionswinkel mit:

In einem einfachen Modell kann die Welligkeit berücksichtigt werden, indem man die Form der Reflektoroberfläche als Sinuskurve betrachtet, deren Wellenlänge der Länge des Reflektors L entspricht und die den Neigungsfehler tex2html_wrap_inline3815 aufweist. Die Amplitude A der Sinuskurve ergibt sich aus:


Ein Verfahren zur Berechnung der Strahloptik bei Neigungsfehlern, das sich an der realen Oberflächenstruktur orientiert, wird im Programm SHADOW verwendet [SHA94][San92]. Hierbei geht man vom realen Profil der Reflektoroberfläche aus. Nach einer Fouriertransformation des Profils wird die Reflexion an den Sinusgittern berechnet, die den Hauptortsfrequenzen entsprechen.
Da die Welligkeit in erster Linie die Strahloptik spezifisch beeinträchtigt, wurde sie im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter betrachtet. Ihr Einfluß auf die Reflektivität ist eher genereller Natur und kann genausogut über Formfehler bzw. Divergenz berücksichtigt werden.

Formfehler des Reflektors

  Um einen Fehler bei der Form des Reflekors korrekt berücksichtigen zu können, muß ein Profil der Oberfläche aufgenommen werden. Dies kann mittels Laserinterferometrie geschehen oder durch Abtasten der Oberfläche [ZEI92]. Das Interesse liegt hierbei auf den Abweichungen von der Sollform, die in der Größenordnung jenseits von Rauhigkeit und Welligkeit liegen. Mit der realen Form des Reflektors, die man aus dem Profil erhält, kann hiernach die Reflexion berechnet werden.
Die Sollform im vorliegenden Fall soll eine plane Oberfläche sein. Wie bereits erwähnt liegt das Interesse auf Abweichungen bei der Reflektivität und weniger auf der Berechnung der Strahloptik. Daher soll am Beispiel zweier Formfehler, die zum Beispiel durch mechanische Belastung des Reflektors entstanden sein könnten, der Einfluß auf die Reflektivität abgeschätzt werden (siehe Abbildung gif).

   figure1015
Abbildung: Formfehler einer planen Reflektoroberfläche

Dazu wird der maximale Neigungsfehler betrachtet, der sich durch mögliche Abweichungen tex2html_wrap_inline3729 von der Sollform ergibt. Zum einen wird eine kreisförmige Verformung angenommen:

 

und zum anderen eine Parabelform:

 

Geht man von einem Spiegel von 100 mm Länge aus, so würde ein maximaler Neigungsfehler von 0.5 mrad bei Gleichung gif einer Profilabweichung von tex2html_wrap_inline3825 an den Kanten entsprechen. Für die parabelförmige Abweichung ergibt sich dementsprechend tex2html_wrap_inline3827 .
Die beschriebenen Formfehler können bei ihren Auswirkungen auf die Reflektivität als zusätzliche Divergenz des Strahls betrachtet werden. In beiden Fällen handelt es sich um Abweichungen vom Einfallswinkel, die in ihren Auswirkungen auf den weiteren Strahlverlauf grundsätzlich nicht unterschieden werden können.

Divergenz der zu reflektierenden Strahlung

Wie bereits in Kapitel 1 gezeigt, ist auch bei Synchrotronstrahlung noch mit einer endlichen Strahldivergenz zu rechnen. Bei der Reflexion eines divergenten Strahls ist zu beachten, daß der Ablenkungswinkel des Strahls dem doppelten des Einfallswinkels auf die reflektierende Oberfläche entspricht. Die Divergenz der Strahlung verdoppelt sich sozusagen. Das ist vor allem im Hinblick auf Mehrfachreflexionen zu berücksichtigen.
Unter Berücksichtigung der Divergenz der einfallenden Strahlung ergibt sich die Reflektivität für einen Einfallswinkel tex2html_wrap_inline3831 aus dem Intergal der Reflektivitäten über die gesamte Winkelverteilung:

Hierbei soll tex2html_wrap_inline3833 die winkelabhängige Intensitätsverteilung sein, deren Integral über den gesamten Winkelbereich auf eins normiert ist. Im einfachsten Fall einer Gleichverteilung über den Winkelbereich von tex2html_wrap_inline3835 bis tex2html_wrap_inline3837 folgt hieraus:

Eine solche Verteilung entspricht der erwarteten horizontalen Verteilung der Synchrotronstrahlung bei idealen Elektronenstrahlbedingungen. In Abbildung gif sind die berechneten Reflektivitäten an einem Siliziumreflektor bei 2 mrad zu sehen unter der Berücksichtigung verschiedener Divergenzen tex2html_wrap_inline3841 . Hierbei wird der Kurvenverlauf um die Energie, bei der erstmals Totalreflexion auftritt, abgeflacht.

   figure1046
Abbildung: Reflektivität bei divergentem Strahl - Die Reflektivität an einer Siliziumoberfläche unter 2 mrad ist für verschiedene Strahldivergenzen gegen die Energie der einfallenden Strahlung aufgetragen.


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Anno Hein
Fri Apr 4 12:36:40 CEST 1997