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Röntgenspiegel - 'high energy cutoff'

Als Röntgenspiegel wurde zunächst ein reiner Siliziumwafer verwendet. Aus der ursprünglich runden Platte mit einem Durchmesser von 100 mm wurde ein etwa 30 mm breites Stück aus der Mitte herausgeschnitten und in die Spiegelhalterung eingesetzt. Die Winkeleinstellung erfolgt, wie bereits erwähnt, manuell über drei Mikrometerstellschrauben. Hierzu fährt man zunächst mit den beiden vorderen Schrauben den Spiegel in den Strahl. Diese haben einen Abstand von 10 mm und dienen dazu die Ablenkebene des Strahls zu justieren. Auf dem Fluoreszenzschirm läßt sich der Auftreffpunkt der Synchrotronstrahlung beobachten. Die Vorderkante des Spiegels wird möglichst nah am Strahl positioniert, ohne ihn aber dabei abzuschneiden. Hiernach kann mit der dritten Mikrometerstellschraube, die 80 mm hinter den beiden vorderen liegt, die hintere Kante des Spiegels in den Strahl gefahren werden. Dabei enspricht ein Verstellweg von 80 tex2html_wrap_inline4379 einer relativen Verkippung von tex2html_wrap_inline3963 . Allerdings können sich hierbei durch den Totgang in den Mikrometerschrauben und durch die flexible Aufhängung der Spiegelhalters Einstellfehler ergeben. Zudem können für die Wafer im voraus keinerlei Aussagen über die Planparallelität gemacht werden. Daher wird die Ablenkung des Strahls gleichzeitig auf dem Fluoreszenzschirm beobachtet. Bei einem Abstand von etwa 1500 mm des Spiegels vom Fluoreszenzschirm entspricht eine Ablenkung von 3 mm einem Ablenkwinkel von 2 mrad und einem Einfallswinkel des Strahls von 1 mrad auf den Spiegel.

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Abbildung: Spiegelhalterung - Der Ablenkspiegel befindet sich in einem Rohrstück von 100 mm Durchmessser, das in das Strahlrohr eingebaut werden kann. Mit Hilfe von drei Mikrometerschrauben kann der Spiegel in den Strahl gefahren und dort justiert werden. Hinter dem Spiegel befindet sich ein Bleiabsorber, mit dem Reste des direkten Strahls und Streustrahlung ausgeblendet werden kann.

Eine weitaus genauere Bestimmung des Ablenkwinkels ergibt sich aus den Spektren, die mit dem Streudetektor (KeVex) aufgenommen wurden. Nach Gleichung gif lassen sich aus der berechneten spektralen Verteilung der Synchrotronstrahlung und den berechneten Reflexionen am Cutoff Spiegel anregende Spektren für beliebige Einstellungen des Spiegels abschätzen. Mit den durch den Spiegel modifizierten spektralen Verteilungen lassen sich die theoretisch erwarteten Streuspektren berechnen [STR]. Diese können dann mit den tatsächlich gemessenen verglichen werden. Bei den üblichen SYXRF Messungen wird diese Methode verwendet, um kleine Änderungen in der anregenden spektralen Verteilung, etwa durch Schwankungen der Elektronenstrahlbreite, festzustellen. In Abbildung gif sind die theoretischen Streuspektren für eine Elektronenenergie von 2.7 GeV und einen Aluminiumabsorber von 0.7 mm in Abhängigkeit vom Ablenkwinkel zu sehen.

   figure1200
Abbildung: Streuspektren - Die theoretisch berechneten Spektren, die im Streudetektor zu erwarten sind, wurden gegen den Ablenkwinkel am Siliziumspiegel aufgetragen. Anhand des Streuspektrum läßt sich der Ablenkwinkel bestimmen.

Hierbei wurde die Energieskala bereits auf die Kanalbelegung im Streudetektor angepaßt. Die Intensität entspricht einem Elektronenstrom von 20 mA, einer Blendeneinstellung von tex2html_wrap_inline3681 und einer Meßdauer von 300 s.
In Abbildung gif sind die Streuspektren einer Meßreihe mit dem Siliziumspiegel zu sehen. Die Messungen wurden bei einer Elektronenenergie von 2.7 GeV und mit einem Aluminiumabsorber von 0.7 mm aufgenommen. Die Höhe der vertikalen Blende wurde dabei auf 100 und die Breite der horizontalen auf 50 tex2html_wrap_inline4379 eingestellt. Der Vorschub der Mikrometerschraube zwischen den einzelnen Messungen betrug nach Ablesen tex2html_wrap_inline3993 , was einer Winkeländerung von 0.5 mrad entsprochen hätte. Nach Berechnung der theoretischen Streuspektren ergeben sich jedoch abweichende Winkelabstände. Dies dürfte in erster Linie an der Aufhängung der Spiegelhalterung liegen und nicht an den Mikrometerschrauben, da sich bei gleicher Einstellung der hinteren Schraube der Ablenkwinkel reproduzieren ließ.
Die entsprechenden theoretischen Streuspektren sind miteingezeichnet worden, wobei die gemessenen Streuspektren auf die oben vorgegebenen Meßparameter normiert wurden. Es zeigt sich, daß sich aufgrund der Streuspektren der tatsächliche Ablenkwinkel auf < 50 genau bestimmen läßt. Im Bereich des Streubergmaximums dürfte die Empfindlichkeit sogar noch höher sein. Leichte Abweichungen im vorderen und hinteren Teil der Spektren lassen sich durch Streustrahlung und statistische Meßfehler erklären. Zudem mußte für den kleinsten Ablenkwinkel ein relativ hoher Normierungsfaktor angenommen werden. Das deutet darauf hin, daß der Spiegel hier nicht mehr voll getroffen wurde.

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Abbildung: Streuspektren - Die Spektren wurden mit dem Streudetektor bei einer Elektronenenergie von 2.7 GeV und mit verschiedenen Ablenkwinkeln am Siliziumspiegel aufgenommen. Mit einem 0.7 mm Aluminiumabsorber wurde die anregende Strahlung aufgehärtet. Die Intensitäten sind auf einen Elektronenstrom von 20 mA normiert. Zusätzlich sind theoretisch berechnete Streuspektren eingezeichnet, die an die aufgenommenen Spektren angepaßt wurden.

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Abbildung: Fluoreszenzspektren - Zu sehen sind hier die Fluoreszenzspektren einer Cu/Ag Legierung, die den Streuspektren aus Abbildung gif entsprechen. Die eingezeichneten Pfeile entsprechen den jeweiligen Cutoff-Energien.

In Abbildung gif sind die entsprechend normierten Fluoreszenzspektren zu sehen. Bei dem Fluoreszenztarget handelte es sich um eine binäre Legierung aus Kupfer und Silber (Cu: 19.5 %, Ag: 74.7 %, außerdem Zn: 2.05%, Cd: 2.07%, Pb: 0.79%, Au: 0.71 %, laut Angabe). Man sieht, daß die Intensitäten bei einem Ablenkwinkel von 0.8 mrad noch fast gleich hoch liegen. Die Intensitäten der Ag tex2html_wrap_inline3285 - und tex2html_wrap_inline4011 -Linien nehmen bei größeren Winkeln sehr schnell ab. Dahingegen nehmen die Intensitäten der Cu tex2html_wrap_inline3285 -,Cu tex2html_wrap_inline4011 -Linien erst bei Winkeln >2 mrad deutlich ab. Die Bindungsenergien der K-Schalen liegen bei 8.979 keV für Kupfer und 25.514 keV für Silber.

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Abbildung: Relative Fluzoreszenzintensitäten - Aufgetragen sind hier die relativen Fluoreszenzintensitäten von Kupfer, Blei und Silber in den Spektren aus Abbildung gif gegen den Ablenkwinkel des Siliziumspiegels. Die eingezeichneten Kurven entsprechen theoretisch berechneten Werten.

Die relativen gemessenen Fluoreszenzintensitäten von Kupfer, Silber und Blei sind in Abbildung gif gegen den Ablenkwinkel des Spiegels aufgetragen. Die eingezeichneten Kurven entsprechen der theoretischen tex2html_wrap_inline3285 -Fluoreszenzintensität von Kupfer bzw. Silber und der tex2html_wrap_inline4027 - und tex2html_wrap_inline4029 -Intensität von Blei bei Berücksichtigung des Ablenkwinkels im anregenden Spektrum. Da die L-Strahlung im Gegensatz zur K-Strahlung auf der Anregung mehrerer Energieniveaus beruht, ergeben sich für Pb tex2html_wrap_inline4027 und Pb tex2html_wrap_inline4029 unterschiedliche Kurven. Die Bindungsenergien der L-Schalen liegen für Blei im Bereich 13.055 bis 15.861 keV.
Die Intensitäten der Bleifluoreszenzstrahlung scheinen im Gegensatz zu Kupfer und Silber stark zu schwanken. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß durch die unterschiedliche Ablenkung des Strahls auch unterschiedliche Stellen auf dem Target angeregt wurden. Da mit einer relativ kleinen Blende gemessen wurde ( tex2html_wrap_inline4043 ) können hierbei Inhomogenitäten in der Probe eine Rolle spielen.
Zur Verdeutlichung des Cutoffeffektes sind in Abbildung gif die Fluoreszenzspektren eines Glasstandards bei verschiedenen Ablenkwinkeln aufgetragen (NIST; SRM 610). Die Messungen erfolgten bei einer Elektronenenergie von 2.3 GeV, einem Aluminiumabsorber von 0.7 mm und einer Blende von tex2html_wrap_inline4049 . Die Bestimmung des Ablenkwinkels und die Intensitätsnormierung erfolgten hierbei ebenfalls über die Streuspektren. Es zeigt sich, wie die hochenergetischen Linien bei größeren Ablenkwinkeln sehr schnell kleiner werden. Um die Totalreflexion senkrecht zur Polarisationsrichtung zu prüfen, wurde das Rohrstück mit der Spiegelhalterung um tex2html_wrap_inline4051 um die Strahlachse gedreht. Mit unterschiedlichen Ablenkwinkeln des Siliziumwafers wurden wieder Spektren der Cu/Ag Legierung aufgenommen. Bereits bei den Streuspektren zeigen sich allerdings Abweichungen von den erwarteten Reflektivitäten. Aufgrund der theoretischen Betrachtungen aus Kapitel 1.3 war ein höhere Divergenz der vertikalen Winkelverteilung zu erwarten. Daher wurde die Streuung bei einer Divergenz von 0.2 mrad betrachtet. So konnte das theoretische Streuspektrum zwar besser an das aufgenommene angepaßt werden. Die aufgenommene Streustrahlung im hochenergetischen Bereich war allerdings immer noch höher als erwartet. Dies kann durch die fehlende Bleiblende erklärt werden, die bei der vertikalen Ablenkung nicht installiert werden konnte. Bei den Messungen wurde zwar darauf geachtet mit dem Spiegel selber den direkten Strahl auszublenden, aber dennoch konnte kohärente Streustrahlung von der Oberfläche des Wafers bis zur Targetposition gelangen.

   figure1243
Abbildung: Streuspektrum mit Titanspiegel - Das Streuspektrum, das hier zu sehen ist, wurde nach einer Reflexion an dem titanbeschichteten Wafer aufgenommen. Die gepunkteten Kurven entsprechen theoretischen Streuspektren bei Ablenkwinkeln von 2.0, 2.3 und 2.6 mrad. Es war nicht möglich, ein theoretisch berechnetes Streuspektrum akzeptabel an das experimentelle anzupassen. Erst ein Reflexionswinkel von 2.3 mrad mit einer angenommenen Divergenz von 0.5 mrad (gestrichelte Kurve) brachte ein zufriedenstellendes Ergebnis.

Als Alternative zum reinen Silizium wurde ein Siliziumwafer mit einer tex2html_wrap_inline4067 dicken Titanschicht getestet [Pan94]. Die Einfallwinkel waren hierbei so klein, daß die Schichtdicke des Titans über der Eindringtiefe lag, und daß somit nur die Reflexion an der Titanschicht betrachtet werden mußte. Die Messungen der Cu/Ag Legierung wurden bei einer Elektronenenergie von 2.3 GeV und mit einem Aluminiumabsorber von 1.2 mm durchgeführt. Auch hier konnten die aufgenommenen Streuspektren erst unter der Annnahme einer genügend großen Divergenz von diesmal sogar 0.5 mrad theoretisch rekonstruiert werden. Dies kann allerdings auch an einer Abweichng der Oberfläche von der ideal planen Form liegen. Nimmt man zum Beispiel eine kreisförmig deformierte Oberfläche an (siehe Kapitel gif), so würde eine Divergenz von 0.5 mrad bei einem 100 mm langen Spiegel einer Abweichung von 1.3 tex2html_wrap_inline4379 entsprechen. Dies könnte zum einen auf einer mechanischen Deformierung des Spiegels beruhen oder zum anderen auf einer schwankenden Dicke der Titanschicht.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß sich mit dem Siliziumwafer zumindest bei der Ablenkung in horizontaler Richtung zufriedenstellende Ergebnisse erreichen lassen. Die Mechanik der Spiegelhalterung kann jedoch noch verbessert werden. Zur Zeit ist es noch notwendig, die Ablenkwinkel anhand der aufgenommenen Streuspektren nachträglich zu bestimmen. Während der Messung können die Ablenkwinkel über den Zn/Cd Fluoreszenzschirm überprüft werden. Außerdem läßt sich anhand der meist sichtbaren Grenzenergie in den Streuspektren, der Ablenkwinkel auch ohne eine theoretische Rechnung anpassen.

   figure1252
Abbildung: Fluzoreszenzspektren SRM 610 - Die fünf Spektren stammen von einem mit Spurenelementen dotierten Glasstandard (NIST, SRM 610). Sie wurden bei verschiedenen Ablenkwinkeln am Siliziumspiegel aufgenommen. Eingezeichnet sind wieder Pfeile, die die jeweiligen Cutoff - Energien markieren.


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Anno Hein
Fri Apr 4 12:36:40 CEST 1997